Mineralstoffe
Ebenso wie alle übrigen Futterkomponenten (Nährstoffe, Vitamine, Wasser) benötigen Tauben Mineralstoffe für den ungestörten Ablauf aller Lebensvorgänge (Stoffwechsel, Fortpflanzung, Wachstum, Mauser, Flugvermögen). Diese Nahrungskomponenten gelten somit als wichtige Voraussetzungen für die Gesunderhaltung und Leistungsfähigkeit der Tiere. Mineralstoffe erfüllen besondere physiologische Aufgaben im Körper:
-Sie liefern Baustoffe sowohl für die Gewebe und Sekrete (z. B. Knorpel- und Knochengewebe, Muskulatur, äußere Haut, Gefieder, Blutbestandteile, Verdauungssekrete wie Speichel, Magen-, Gallen-, Bauchspeichel- und Darmsaft), Hormone (z. B. Hypophyse, Schilddrüsen, Leimdrüsen) als auch die Fortpflanzungsprodukte des Organismus (z. B. Eizellen, Kalkschalen, Samenfäden, Kropfmilch).
-Als gelöste Salze regulieren sie den osmotischen Druck, die Puffereigenschaften, somit den Flüssigkeits- und Stoffaustausch in den Zellen, Geweben, Organen sowie Organsystemen von Tauben.
1. Mineralstoffmangel und -überschuss
Mineralstoffmangel. Unzureichende Versorgung mit lebensnotwendigen Mineralien kann bewirken (Tab. 12/10):
-Beeinträchtigte Gesundheit und Leistungsfähigkeit (z. B. vermindertes Fortpflanzungs- und Flugvermögen),
-sowohl erhöhte Anfälligkeit für als auch Betroffensein von Stoffwechsel-, Fruchtbarkeits-, Fortpflanzungs-, Mauser-, Befiederungs-, Wachstums-, Entwicklungsstörungen und sonstige Gesundheitsstörungen,
-unter ungünstigen Bedingungen sogar Mangelkrankheiten (z. B. fehlerhafte Knochenentwicklung, Skelettmissbildungen, Lebensschwäche der Jungen, Knochenbrüchigkeit, Knochenweiche, Schilddrüsenvergrößerung oder Struma), u. U. sogar Tierverluste.
Mineralstoffüberschuss. Dieser kann vor allem durch zu reichlich aufgenommene mineralische Futterzusätze (z. B. Kochsalz mit möglicher akuter oder chronischer Natriumchloridvergiftung) entstehen. Letztere lässt sich sicher verhüten, verzichten Züchter auf Taubensteine und andere bedenkliche Zusätze als entbehrliche Mineralsalzträger völlig. Auch ein hoher Jodgehalt der Nahrung kann Gesundheitsstörungen oder sogar Struma ("Kropf") hervorrufen.
2. Einteilung, Vorkommen, physiologische Bedeutung und Bedarf an Mineralstoffen
Die essentiellen Mineralstoffe lassen sich trennen in die 7 Mengen- und 11 Spurenelemente. Davon bedarf der Tierkörper die ersteren in weit höherem Maße (mehr als 100 mg/kg Nahrung) als die nur in winzigen Anteilen (meist wenige mg/kg Futter) benötigten letzteren.
Von den 18 essentiellen Mineralstoffen besitzen für Tauben die näher beschriebenen besondere Bedeutung: Cl, K, Kg, Na, Ca und P.
1. Chlor (Cl), Kalium (k), Magnesium (Mg), Natrium (Na)
Sie erhalten den osmotischen Druck in den Flüssigkeiten, Geweben und Zellen des Körpers aufrecht. Darüber hinaus ermöglichen sie sowohl die ungestörte Aufsaugung (Resorption) als auch den Transport und Austausch von Nähr- und Baustoffen über das Blut. Ferner beteiligen sie sich an neuromuskulären Erregungsübertragungen im Organismus. K und Na aktivieren Enzyme und Sekrete des Organismus in vielfältiger Form.
Cl und Na bilden die Bestandteile von Kochsalz (Natriumchlorid, NaCl). Dieses hält gemeinsam mit K das osmotische Druckgefälle sowohl in den Darm als auch den Geweben und Zellen aufrecht, um Resorption, Transport und Austausch von Nähr- und Baustoffen über das Blut zu ermöglichen. NaCl-hungrige Tiere nehmen NaCl gern auf, besonders wenn ihr Futter vorwiegend aus Leguminosen besteht. Zu viel NaCl kann jedoch sowohl akute als auch chronische NaCl-Vergiftung bewirken.
2. Calcium (Ca)
Tauben enthalten rund 2 % Calcium. Zu rund 99 % befindet es sich im Skelett, auf das etwa 6,5 % der KM entfällt. Die Knochen bestehen aus 80 % Tricaciumphosphat, 6,6 % Calciumkarbonat (CaCO3) und 1,4 % Magnesiumphosphat, die Eischalen aus 93,5 % CaCO3. Ausreichend Ca im Futter stellt eine Voraussetzung sowohl für die Funktionstüchtigkeit vom Skelett als auch für den Stoffwechsel, die Blutgerinnung, das Wachstum und die Eibildung dar. Nur etwa 40 % vom aufgenommenen Ca kann der Körper verwerten. Erhöhter Bedarf liegt vor allem während des Wachstums und der Ei- und Kropfmilchbildung vor. Ausreichender Ca-Gehalt in der Nahrung verhütet Mangelerscheinungen.
Ca-Träger. Die Futtermittel weisen unterschiedliche Ca auf; am wenigsten besitzen Getreide (0,03 bis 0,12 %), gefolgt von Leguminosen (0,12 bis 0,31 %) und Ölsaaten (0,23 bis 0,46 %), am meisten Grünpflanzen (0,6 bis 1,8 %), Magermilch (1,39 %), Fischmehl (5,2 %), Knochenmehl (23,8 %).
Ca-Stoffwechsel. Beginnend von der Aufnahme und Aufsaugung im Dünndarm bis hin zur Speicherung von Ca im Knochengewebe regulieren diesen vor allem:
-Vitamin D,
-die Epithelkörperchen- bzw. Schilddrüseninkrete Parathormon und Calcitronin,
-darüber hinaus auch die Geschlechtsdrüsenhormone (Östrogene, Androgene) sowie das Schilddrüseninkret Thyroxin.
Im Blut existieret Ca in drei Formen, davon zu etwa 50 % in ionisiertem Zustand.
3. Phosphor (P)
Dieses im Organismus zu rund 1 % vorhandene Mengenelement befindet sich ebenso wie Ca besonders im Knochengewebe (Anteil etwa 0,7 g), als Phosphoproteide (Adenosinphosphate) in den Organen (z. B. Eierstock, Gehirn, Rückenmark, Leber, Muskulatur), als Nukleinsäuren in den Zellkernen, organisch gebunden auch in den Geweben und Flüssigkeiten vom Körper. Das Skelett enthält rund 80 % aller P. Verbindungen als Phosphate. Diese benötigt der Körper nicht nur für den Aufbau und die Funktionstüchtigkeit des Knochengewebes, sondern auch im Energiestoffwechsel für den Kohlenhydrat- und Fettabbau.
P-Träger. Futtermittel weisen unterschiedlich P auf: am wenigsten besitzen Kartoffeln (0,25 %), Grünpflanzen (0,3 %), Getreide (0,26 bis 0,4 %), gefolgt von Leguminosen (0,48 bis 0,77 %), Ölsaaten (0,44 bis 1,43 %), Magermilch (1,02 %), Knochenmehl (1,13 %), Futterhefe (1,6 %) und Fischmehl (2,9 %).
Ca-Verhältnis. Zwischen Ca und P einerseits sowie Ca und Vitamin D andererseits bestehen enge Wechselbeziehungen. Die im Skelett befindlichen Mineralstoffe unterliegen im Stoffwechsel einem ständigen Austausch mit laufendem Ein- und Abbau von Ca- und P-Verbindungen. Um den Bedarf an beiden Elementen zu befriedigen, müssen die Tiere ausreichend Ca und P im Verhältnis von 1:1 bis 2:1 aufnehmen. Das Skelett besitzt beide Mengenelemente im physiologischen Maße, die Kalkschale dagegen im Anteil von 5:1. Reichlich Ca und P weisen Knochen und die für Mineralstoffgemische verwendeten Phosphorträger auf, P-Überschuss alle Körnerarten (Getreide, Leguminosen, Ölsaaten), Ca-Überschuss Fischmehl, Grünpflanzen (z. B. Gras, Klee, Luzerne), Magermilch, Möhren, Zuckerrübenschnitzel.
4. Jod (J)
J besitzt für die Verhütung sowohl von Gesundheits- und Fruchtbarkeitsstörungen als auch unbefriedigenden Flugleistungen von Tauben große Bedeutung. Viele für das Erzielen bester Flugergebnisse von Brieftauben angepriesene Präparate enthalten J.
Schilddrüsenvergrößerungen als häufige Folge von J-Mangel. Mangelt es im Futter und Trinkwasser an J (letzteres kann je l 0,5 bis 12 µg aufweisen), vergrößern sich die Schilddrüsen von Tauben. Diese beiden etwa 75 bis 100 mg schweren Organe (sie entsprechen etwa 0,005 bis 0,01 % der KM) liegen im unteren Halsbereich beiderseits der Luftröhre neben den großen Halsarterien. Solche medizinisch Struma, umgangssprachlich Kropf genannten Umfangsvermehrungen (Hyperplasien) der Schilddrüse kommen bei Tauben keinesfalls selten vor.
Ursachen. Struma tritt vor allem in solchen Gebieten gehäuft auf, in denen der Erdboden und die dort gewachsenen Pflanzen wenig oder gar kein J enthalten. der J-Anteil nimmt mit zunehmender Entfernung von den Meeren sowohl im Wasser als auch in den Böden und damit Pflanzen ab.
Neben primären J-Defizit (ungenügend J in der Nahrung) gibt es auch von anderen Bedingungen abhängigen (sog. sekundären) J-Mangel. Hierzu gehören z. B. gestörte Funktionen der Schilddrüse durch strumafördernde Substanzen (sog. antithyreoide Stoffe), fehlende essentielle Aminosäuren und Vitamine im Futter, Stoffwechselstörungen mannigfaltiger Art. Darüber hinaus erhöhen fettreiche Körnerarten (z. B. Mais, Hafer, Hanf-, Lein-, Raps-, Rübsen-, Sonnenblumensamen, Sojabohnen) im Vergleich zu fettarmen den J-Bedarf von Tauben beträchtlich. Raps- und Rübsensamen besitzen außerdem Senfölglycoside (Goitrin, Isothiocyanate) als strumafördernde Substanzen.
Krankheitssymptome. Schilddrüsenhyperplasien (mit Organmassen von rund 150 bis 2000 mg und Massezunahme bis zum 25-fachen der Norm von 75 bis 100 mg) können mit sog. Myxödem (schleimige Durchtränkung des Unterhautbindegewebes) als Folge gestörter Sekretion der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin einhergehen: Apathie, Flugunlust, starke Depotfettablagerungen (Fettsucht), Atmungsbeschwerden (Giemen), puffige, myxödematöse äußere Haut um die Augen und an anderen Körperpartien, Federveränderungen (verlängerte, schmalere, spröde Großgefiederfahnen, vom Normalen abweichende, kleinere Deckfedern), ungepflegte Gefieder, Fruchtbarkeitsstörungen (verminderte Eiablage- und Befruchtungsraten), herabgesetzte Schlupf- und Aufzuchtquoten sowie geringe Vitalität der Nestlinge. Von Elterntiere mit Struma stammende Embryonen können entweder bereits im Ei, beim Schlüpfen oder erst nach zwei Tage verzögertem Schlupf an Dottersack-Nabelentzündung und Lebensschwäche sterben.
Verhütung. Schilddrüsenhyperplasien lassen sich am sichersten vorbeugen, wenn Züchter ihren Tieren jodhaltiges Kochsalz (sog. Vollsalz) das ganze Jahr über zur beliebigen Aufnahme (ad libitum) im Mineralstoffautomaten verabreichen. Das gleiche lässt sich mit wöchentlich einmaligen Gaben von einem Tropfen (!) Lugolscher Lösung je Taube über das Trinkwasser erzielen. Diese prophylaktische Maßnahme besitzt besondere Bedeutung für aus J-Mangelgebieten stammendes Körnerfutter, für fettreiche Rationen, für strumafördernde Substanzen (z. B. solche in Raps und Rübsen) und für die Ernährung in der Zucht-, Reise-, Hauptmauser- sowie Ruhezeit.
3. Mineralstoffbedarfsnormen
Tauben können die mit der Nahrung aufgenommenen Mineralsalze niemals vollständig ausnutzen. Ihre Verwertung hängt von mehreren Bedingungen ab. Futterbestandteile (z. B. organische Säuren, Phytin) können die Wirkung von Mengen- sowie Spurenelementen blockieren und ihre Aufsaugung im Darm verhindern. Vom Ca und P der Nahrung kann der Körper durchschnittlich 30 bis 40 % resorbieren, von anderen essentiellen Mineralien etwa 40 bis 70 %. Als Mineralstoffbedarfsnormen für Brieftauben geben mehrere Autoren an: 0,4 bis 0,8 % Ca, 0,3 bis 0,6 % P, 0,2 bis 0,5 % Mg und 0,2 bis 0,5 % Na in der Tagesfutterration oder 500 mg Ca, 250 mg P, 125 mg Mg, 125 mg Na, 0,025 mg J, 0,1 mg Mn, 0,05 mg Cu und 0,2 mg Zn je kg/km. Rob (1985) nennt als Richtwerte 1 g CaCO3, 1g Ca-Phosphat und 0,15 mg NaCl je Brieftaube und Tag. Körnerfutter besitzt zwar mehr P als Ca, den gesamten Bedarf an beiden Elementen kann es jedoch nicht decken. Mit der Nahrung erhalten Tauben durchschnittlich an benötigten Mineralien: Ca 10 %, Na 10 % und P 30 %. Um das Defizit von etwa 0,4 d Ca, 0,05 g Na und 0,2 g P je Tier und Tag auszugleichen, müssen Tauben diese Mineralstoffe zusätzlich erhalten.
Für Fleischtauben empfiehlt Boidot (1986) Rationen mit folgendem Mineralstoffgehalt: Ca 1,2 %, P ,084 % (Ca-P-Verhältnis 1,4:1), NaCl 0,5 % sowie Fe 19,8 mg, J 1,1 mg, Mg 3 mg, Mn 55 mg, K 1,8 mg und Cu 2 mg je kg Futter.
4. Optimale Mineralstoffversorgung
Der Mineralsalzbedarf von Tauben lässt sich keinesfalls mit Körnerfutter allein befriedigen, auch nicht mit vielseitig zusammengesetzten Mischungen. Das trifft für alle Ernährungsabschnitte (Zucht- , reise-, Jungtier-, Hauptmauser-, und Ruhezeit) zu. Tiere mit besonderen Körperleistungen (Eibildung, Aufzucht der Jungen, Wachstum, Hauptmauser, Fliegen) reagieren am stärksten auf Mineralstoffdefizite.
Mineralstoffgaben. Um Tauben bestmöglich mit Mineralstoffen zu versorgen, verabreichen Züchter ihnen ständig im Automaten ad libitum
-entweder Schalen von Austern, Herz oder Miesmuscheln (diese decken lediglich den Bedarf an CaCO3 und J, jedoch nicht anderen Elementen) oder anstelle dieser CaCO3-Körnchen (landläufig Kalkgrit genannt),
-ein für Tauben geeignetes Mineralstoffgemisch mit Gehaltsgarantie,
-jodiertes NaCl (Vollsalz),
-Quarz-, Feldspat-, Granit- oder Marmorgrit (Magensteinchen), humushaltige Erde, die allerdings streng genommen keine Mineralstoffe darstellen.
Obige Komponenten sollen Tauben das ganze Jahr über erhalten. Damit decken sie ihren Bedarf selektiv und am besten. Hierdurch picken sie synthetische Düngemittel sowie evtl. gesundheitsschädigende Stoffe beim Freiflug und Feldern kaum auf. Vorübergehend oder ständig in Volieren gehaltene Tiere bekommen nur auf diese Weise genügend Mineralstoffe.
1. Muschelschalen und CaCO3-Körnchen als unzureichende Mineralstoffträger
Für Fleischtauben soll nach Platt (1959) eine Mischung aus 95 % Muschelschalen und % % NaCl genügen. Aus dieser heute nicht mehr gültigen Erkenntnis leiten einzelne Autoren ihre spezifisch für Tauben zusammengesetzten "Gritpräparate" ab, z. B. solche mit 61 bis 66 % Austernschalen, 15 bis 24 % Muschelschalen oder sog. Algenkalk, 10 bis 12 % zerkleinerte Ziegelsteinen, 0 bis 1 % CaCo3-Körnchen, 0 bis 3 % Knochengries, 0 bis 2 % Mineralstoff-, Vitamin- und Gewürzmischung, 0 bis 1 % NaCl und 0 bis 12 % Quarzsteinchen. Der von manchen bevorzugte "Algengrit" z. B. enthält: CaCO3 83, MgCO3 9, P 0,02, Fe 0,052, S 0,72 und Zn 0,001 %.
Diese Beispiele beweisen, dass sowohl Muschelschalen als auch die meisten daraus hergestellten Taubengritpräparate bestimmte essentielle Mineralstoffe gar nicht oder nur ungenügend aufweisen.
2. Mineralstoffmischungen als zweckmäßige Mineralstoffträger
Sie sollen für Tauben geeignet, standardisiert, mit Gehaltsgarantie versehen, preiswert sein und die essentiellen Mengen- sowie Spurenelemente ausgewogen enthalten. Am besten eignen sich Zubereitungsformen, welche die entbehrlichen Zusätze Quarzsteinchen, Vitaminvormischungen und Würzstoffe nicht enthalten.
Nach mehreren Autoren nehmen Fleischtauben an Mineralstoffgemischmengen folgende Mengen auf.
-Elterntiere in der Reproduktionsperiode ca. 7 g je Paar und Tag, somit 2,5 kg je Paar und Jahr,
-Zuchttauben außerhalb der Fortpflanzung ca. 2 g je Tier und Tag, somit 0,7 kg je Tier und Tag,
-Jungtiere von der 5. Lebenswoche bis zum 6. -monat ca. 2,5 g je Tier und Tag, somit 0,38 kg je Tier in 4,5 Monaten,
-Nestlinge vom 1. bis 28. Lebenstag insgesamt 80 g je Tier.
3. Taubensteine als entbehrliche Mineralstoffträger
Die mitunter selbst hergestellten, jedoch meist gekauften sog. Taubensteine (landläufig auch Taubenkuchen oder -picksteine genannt) schätzen vor allem ältere Züchter. Sie ziehen diese völlig unberechtigt standardisierten Mineralstoffmischungen und anderem Mengen- und Spurenelementträger vor. Die Tiere picken meist von allen Taubensteinen auf, welche den bevorzugten salzigen Geschmack aufweisen. Daher gelten Taubensteine oft als Salzsteine. Obwohl Tauben NaCl-Lösungen von > 0,6 % ablehnen, liegt ihre Geschmacksschwelle in Taubensteinen beträchtlich höher, weil in diesen ein Teil der geschmackswahrnehmbaren Wirkung verloren geht. Strikt ablehnen muss man auch die Unsitte, auf Taubensteine zu urinieren, um den Salzgehalt zu erhöhen.
Verwenden Züchter Taubensteine als Mineralstoffträger, sollen sie beachten, dass sich diese Zusätze unwirksam, daher nutzlos, z. T. sogar gesundheitsschädigend erweisen: Anis, Arsenverbindungen, Chemoprophylaktika und -therapeutika (Antibiotika, Anthelminthika, Kokzidiostatika, Mittel gegen Flagellaten, wurmtreibende Hausmittel), Eichelrinde, Enzian, Eisensalze, Farnkrautpulver, Fenchel, Fluorsalze, Gewürze, Grünmehl, Heilkräuter, Holz-, Braun- oder Medizinalkohle, Jod-, Kadmium-, Kupferverbindungen, Kümmel, Lebertran, NaCl über 3 %, roter und Weißer Ton, Silikaterde, Thomasphosphat, Weidenrindenpulver, Zucker (Frucht-, Malz-, Milch-, Rüben-, Traubenzucker).
Selbstherstellen von Taubensteinen. Bereiten sich Züchter diese selbst zu, benötigen sie neben Lehm eine für Tauben geeignete standardisierte Mineralstoffmischung. Zunächst schwemmen sie 1000 g Mineralstoffgemisch entweder einschließlich oder ohne Muschelschalen bzw. CaCO3-Körnchen und Kieselsteinchen je l Wasser auf. Dann vermengen sie diese Suspension mit etwa 1 kg trockenem, fein zerstoßenen Lehm. Aus diesem Lehm-Mineralstoffgemisch bereiten sie faustgroße Kugeln. Zerstoßen lassen sie sich anstelle von Mineralstoffmischung im Automaten ad libitum verabreichen.
4. Jodiertes NaCl (Vollsalz)
In geringen Mengen wirkt es appetitanregend. Überschuss kann durch laufend aufgenommene, stark NaCl-haltige Taubensteine entstehen. Bei NaCl-hungrigen Tauben können akute und chronische NaCl-Vergiftungen die Folge sein. Die NaCl-Aufnahme nimmt bei Elterntieren zu, die Junge füttern, da sie NaCl mit dem Kropfinhalt an diese weitergeben. Das aus 40 % Na, 60 % Cl und Spuren von J bestehende Vollsalz verabreichen Züchter am besten ad libitum im Automaten. Sie ziehen es nicht jodiertem NaCl vor. J als Bestandteil von Schilddrüsenhormonen fördert die Fruchtbarkeit (Fertilität). J-Mangel dagegen kann Fertilitätsstörungen oder sogar Unfruchtbarkeit bewirken. Tauben sollen Vollsalz beliebig aufnehmen können, weil sie damit das ganze Jahr über ihren Bedarf am besten befriedigen.
NaCl-Vergiftungen. Die tödliche NaCl-Dosis beträgt bei durstenden Tauben 3,3 g je kg KM. Der schon 3 bis 5 Std. nach übermäßigem NaCl-Verzehr vorhandene, graugrüne, breiig-weiche, von schleimig-wässrigen Harnsäureschlieren umgebene Kot (sog. Setzeiform) charakterisiert die NaCl-Vergiftung. Überschüssiges NaCl reizt die Schleimhäute vom Verdauungskanal, entwässert die Zellen und Gewebe, dickt das Blut ein, lähmt die Nerven und das Herz. Der Tod tritt infolge Wasserentzug in lebenswichtigen Geweben ein.
5. Magensteinchen
Tauben picken triebhaft auch kleine Steinchen auf, gewissermaßen als Zahnersatz für die im Muskelmagen zermahlenen harten Körner. Fehlen solche Mahlsteinchen, schrumpft (atropiert) die Magenmuskulatur. Betroffene Tiere verdauen das Futter ungenügend und zeigen Mangelsymptome (Apathie, Fressunlust, Verdauungsstörungen, Abmagerung). Diese Zeichen verschwinden nach ermöglichtem Steinchenverzehr. Besonders fluguntüchtige, ständig oder vorübergehend in Volieren gehaltene Tauben müssen Kieselsteinchen oder käuflichen Quarzgrit ad libitum im Automaten erhalten. NaCl-haltigen Steinchengrit muss man ablehnen, da salzhungrige Tiere zuviel davon fressen. Als Gritersatz eignen sich keinesfalls Muschelschalen und CaCO3-Körnchen, weil Muskelmagenbewegungen sie zerreiben und Magensaftsalzsäure sie vollständig auflösen.
6. Humuserde
Selbst wenn Tauben vielseitig zusammengesetztes nähr-, mineral- und wirkstoffreiches Futter bekommen und sie Magensteinchen im Freien aufpicken, verzehren sie auch Erdklümpchen, vermutlich nicht nur wegen ihrer anorganischen, sondern vor allem organischen Bestandteile (Humus mit Bakterien und sonstigen Kleinlebewesen). Humushaltige Erdpartikel wirken sich besonders günstig auf Darmflora, Verdauung und den gesamten Stoffwechsel aus. Humusreiche Gartenerde geben daher viele Züchter von je her ad libitum, vor allem in Volieren gehaltenen oder zeitweilig eingesperrten Tieren.